Smart oder schädlich: Wie grün ist die Digitalisierung wirklich?

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Smart oder schädlich: Wie grün ist die Digitalisierung wirklich?

Smarte Technologien schonen die Umwelt – ist das nur ein netter Slogan oder ist die Digitalisierung wirklich nachhaltig? Bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Nur bestimmte Anwendungen und Aspekte schonen unsere Ressourcen, andere nicht. Das Bundesforschungsministerium hat in einer Metastudie genauer hingeschaut und herausgefunden: Nachhaltigkeitseffekte der Digitalisierung müssen viel umfassender bewertet werden.

Smarte Technologien und Geräte verbrauchen viel Energie und Ressourcen. Es gibt jedoch digitale Technologien, die angesichts Klimakrise und Umweltverschmutzung als nützlich und positiv zu werten sind. Wenn beispielsweise eine automatische Steuerung von Heizung und Strom in Gebäuden umgesetzt wird, liegen die positiven Effekte auf der Hand. Doch was überwiegt aktuell – die guten oder die schlechten Auswirkungen? Gibt es zu diesem Thema überhaupt schon gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse? Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hat gemeinsam mit Technopolis Deutschland rund 200 Studien zum Thema für das Bundeswirtschaftsministeriums analysiert. Wichtigste Schlussfolgerung: In vielen Bereichen sind die Zahlen unklar, gesichert ist lediglich, dass es im Energiesystem, in Gebäuden und im Straßenverkehr deutliche Belege für gute Umwelteffekte gibt.

Bei der Entwicklung digitaler Technologien werde bislang zu wenig berücksichtigt, welchen ökologischen Fußabdruck sie hinterlassen werden und welche unerwünschten Nebenwirkungen diese Technologien für die Umwelt haben könnten, findet Christian Lautermann, Ökonom beim IÖW. Hier müsse eine „realistische Bewertung“ her. Die Metastudie „Nachhaltigkeitseffekte der Digitalisierung“ ist in acht Themenbereiche aufgeteilt und wertet aus, welche Technologien nach aktuellem Wissensstand gut für die Umweltentlastung sind.

Energie einsparen: Bündeln und gezielt steuern

Smarte Steuerungs- und Messtechniken sowie eine Gebäudeautomation, die darauf aufbaut, können den Strom- und Wärmeverbrauch deutlich senken. Smart Charging und virtuelle Kraftwerke sind nützlich, wenn Dienstleister zum Beispiel Batteriespeicher in Elektroautos und Haushalten bündeln und gezielt steuern. Das Ziel: Energie- und Mobilitätssysteme sollen miteinander verschmelzen. Wenn das Aufladen von Millionen Speichern und Elektroautos digital funktioniert, können Emissionen aus fossilen Kraftwerken eingespart sowie Angebot und Nachfrage von Strom ins Gleichgewicht gebracht werden.

Reduziert intelligente Straßennutzung auch gefahrene Kilometer?

Künstliche Intelligenz kann viel dazu beitragen, die Straßennutzung effizienter zu gestalten und den Energieverbrauch von Fahrzeugen zu senken. Wenn Routen, Ampelschaltungen und Kolonnen mithilfe von KI optimiert werden, kann das nicht nur viel Zeit sparen, sondern auch Ressourcen schonen. Allerdings hängen die positiven Effekte beim autonomen Fahren davon ab, ob durch die neue Technik auch die insgesamte Zahl der genutzten Autos und der gefahrenen Kilometer vermindert werden kann.

Digitale Tools: Minuspunkte bei der Herstellung

Digitale Tools sind effizient und können Ressourcen einsparen. Doch demgegenüber stehen hohe Verbräuche von Ressourcen und Energie in der Lieferkette sowie bei der Anwendung. Bis zu vier Prozent der Treibhausgasemissionen weltweit gehen auf Kosten von Herstellung und Betrieb digitaler Anwendungen und Geräte. So kann eine Stunde Surfen auf Instagram und Co. oder die Nutzung von Streaming-Angeboten bis zu 280 Gramm CO2 ausstoßen. KI-Trainingsdurchläufe können – je nach Strommix und Berechnungsmethode – bis zu 942 Tonnen Treibhausgase ausstoßen. Das ist so viel, wie etwa 90 Bundesbürger zusammen jährlich verursachen.

Umweltaspekte: Ganzheitliche Betrachtung nötig

Jan Stede von Technopolis Deutschland betont, dass Studien aufzeigen, wie „der Einsatz von Kommunikations- und Informationstechnologien zu einer Reduzierung der nationalen Treibhausgasbilanz beitragen kann“. Diese positiven Effekte müsse man allerdings „ambivalent bewerten“, da die nicht umweltschonende Produktion digitaler Technologien oft im Ausland stattfinde. Weitere Forschungen zur Wirkung der Digitalisierung auf Klima und Umwelt sollten deshalb vor allem die Verlagerung der Emissionen in der Produktion berücksichtigen und ebenso Rebound-Effekte in den Focus rücken.