Neues Urheberrecht im Kreuzfeuer der Kritik

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Neues Urheberrecht im Kreuzfeuer der Kritik

Nicht als fortschrittlich, sondern als „Innovationsbremse“ wird der Gesetzentwurf für das Urheberrecht, das jüngst vom Bundeskabinett beschlossen wurde, von vielen gesehen. Netzaktivisten, die Kreativwirtschaft und die Verbände reagieren mit Unverständnis.

Ein modernes Urheberrecht, „fit für das digitale Zeitalter“, versprach Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Schwerpunkt des Entwurfs: Ein neues Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Es soll die urheberrechtliche Verantwortlichkeit der Uploadplattformen YouTube und Co regeln. Von einem „fairen Interessenausgleich“ sollen Rechteverwerter, Kreative und User gleichermaßen profitieren.

Uploadfilter als Bedrohung

Verbände und Netzaktivisten sehen angesichts solcher Neuerungen allerdings rot. Zankapfel sind seit Jahren vor allem Uploadfilter, die automatisiert Inhalte erkennen, die urheberrechtlich geschützt sind und diese aussortieren können. Dass diese Auswahl Programmen überlassen wird, sehen Netzaktivisten als Bedrohung für die Kunst- und Meinungsfreiheit. Der Entwurf, der nun beschlossen wurde, soll einen Kompromiss darstellen, vergrätzt aber noch immer viele Involvierte.

Das Gesetz sieht im Detail vor, dass Plattformen für die Inhalte, die ihre User hochladen, generell urheberrechtlich selbst verantwortlich sind. Sie stehen in der Pflicht, Nutzungsrechte zu erwerben. Die Lizenzen, die sie dafür brauchen, sollen sie entweder indirekt mit der Gema aushandeln oder zum Beispiel großen Plattenfirmen direkt verhandeln. Ausnahmen stellen Online-Enzyklopädien dar, die „nicht gewinnorientiert“ sind, wie etwa Wikipedia oder diverse Wissensplattformen. Auch Plattformen oder Cloud-Dienste, die Firmen oder User für den Eigengebrauch hochladen, sind ausgenommen.

Schnipsel vom Inhalt sind gestattet

Es soll aber nicht automatisch sofort blockiert werden. Deshalb dürfen User urheberrechtlich geschützte Bilder, Videoausschnitte oder Teile von Artikeln „geringfügig nutzen“. Die Grenzen dafür sind klar definiert: Es dürfen verwendet werden

  • Höchstens 15 Sekunden Videos und Filme
  • Bis zu 15 Sekunden Tonaufnahmen
  • Text bis 160 Zeichen
  • Foto- und Grafikdateien: 125 Kilobyte

Wichtig sind diese Regelungen vor allem für Inhalte, die User zu nicht-kommerziellen Zwecken hochladen oder erstellen. Zudem gilt: Ein Upload muss zusammen mit anderen Inhalten dargestellt werden und darf nicht einmal zur Hälfte ein Fremdwerk enthalten. Längere Ausschnitte müssen markiert werden. Karikaturen oder Zitate sollen nicht geblockt werden.

Rückschlag statt Fortschritt?

Die Verbände reagieren verärgert auf diese Neuerungen. So findet der Branchenverband Bitkom die große Urhaberrechtsreform „in vielen Bereichen enttäuschend“ und als einen „großen Rückschlag für das freie Internet.“ Die Vorgaben zur Sperrung und Überwachung seien in großen Teilen technisch schlicht nicht machbar. Zudem würden Kreative so künftig weniger Lizenzeinnahmen erhalten als nach den früheren Regelungen der Fall war.
Der Verband deutscher Medien VAUNET lässt verlauten, dass der Entwurf „die deutsche Kreativwirtschaft sowie den europäischen Binnenmarkt“ schädige. Dieser Meinung schließen sich andere Verbände an, darunter die Allianz Deutscher Produzenten (DFL), der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) oder der Bundesverband professioneller Bildanbieter (BVPA).

Angesichts der neuen Regelungen zu „kurzen“ Artikel-, Video-, oder Tonausschnitten werden kräftezehrende Rechtsstreitigkeiten befürchtet. Die Kosten und Mühen, die nötig sind, um dieses Gesetz umzusetzen, stünden in keinem Verhältnis zu erwarteten Einkünften.
Was das Teilen der Online-Inhalte angeht wird kritisiert, dass eine konsequente Umsetzung letztlich nur mit dem Einsatz von Upload-Filtern funktioniere.
Dies treffe in Puncto Haftung immer die Diensteanbieter, die innerhalb kürzester Zeit über recht komplexe Sachverhalte im Rahmen des Urheberrechts entscheiden müssen.