Irreführende Werbung: Das Geschäft mit der Angst

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Irreführende Werbung: Das Geschäft mit der Angst

Werbung mit der Corona-Krise ist eine recht schamlose Methode, mit der zahlreiche Unternehmen versuchen, derzeit Kapital aus der Angst der Verbraucher zu schlagen. Die Wettbewerbszentrale hat in ihrem Jahresbericht auch die jüngsten Entwicklungen im Monat März offen gelegt. Fazit: Immer mehr Unternehmen müssen derzeit abgemahnt werden, weil sie mit unlauteren Mitteln ihren Absatz steigern wollen.

Schindluder in den Sparten Lebensmittel und Gesundheit

Bei schwerwiegenden Rechtsverstößen erteilt die Wettbewerbszentrale förmliche Abmahnungen. Besonders im Blick hat die Behörde aktuell Unternehmen, die online und offline versuchen, die Angst der Menschen in der Corona-Krise mit irreführender Werbung auszunutzen. Dr. Reiner Münker ist Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale und betont, dass gerade in der Krise „ein Mindestmaß an Fairness“ nötig sei, damit der Markt auch funktionsfähig bleibt. Die Werbung mit der Angst treibt derzeit im E-Commerce vor allem in den Sparten Lebensmittel und Gesundheit seltsame Blüten – obwohl gerade in diesen Bereichen sensible Werberegelungen gelten. In den letzten Wochen seien der Wettbewerbszentrale zunehmend Unternehmen aufgefallen, die mit ihrer Werbung „klar gegen geltendes Recht verstoßen“, so Münker. So werben Firmen etwa für „Lutschpastillen gegen Viren“ oder „Vitalpilzen, die vor Krankheit schützen“. Zunehmend werben zudem Heilpraktiker auf ihren Websites mit „bewährten, sicheren Tipps gegen Viren.“ Münker: „Der Verbraucher wird hier gezielt irregeführt.“

Heikle medizinische Aussagen

Ein Unternehmen wurde abgemahnt, das besonders auffällig für ein Lebensmittel warb, das mit Vitamin C angereichert ist. Der Hinweis, dass dieses Lebensmittel vor „internationalen Viren und multi-resistenten Keimen“ schütze, suggeriere, dass durch das Essen dieses Lebensmittels eine Infektion mit dem Corona-Virus verhindert werden könne. Zusätzlich beworben wurde dieses Lebensmittel mit der Darstellung einer Frau mit Atemschutzmaske. Fakt ist: In der Lebensmittelwerbung sind krankheitsbezogene oder medizinische Aussagen verboten. Lebensmitteln dürfen keine heilenden oder vorbeugenden Eigenschaften zugeschrieben werden, es darf nicht einmal der Eindruck solcher Eigenschaften vermittelt werden.

Insgesamt hat die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr 2193 Abmahnungen erteilt. 2019 musste die Behörde insgesamt etwa 10.000 Beschwerden und Anfragen wegen unlauteren Wettbewerbs bearbeiten. Förmliche Untersagungsverfahren gab es in 2.193 Fällen, meistens mündeten diese in Unterlassungserklärungen. Etwa 500 Verfahren kamen vor Gericht, teilsweise gingen die Rechtsfragen bis vor den Europäischen Gerichtshof. In mehr als der Hälfte aller bearbeiteten Fälle ging es um intransparente, irreführende Werbung und die fehlerhafte Erfüllung von Informationspflichten, die gesetzlich vorgeschrieben sind.

Mehr Schutz für den Versandhandel

Eine weitere Information machte die Wettbewerbszentrale in ihrem Bericht transparent: Der Versandhandel beklagt in der aktuelle Krise, dass viele Abmahnvereine und Anwälte den Unternehmen zusätzlich das Leben schwer machen. Hier möchte sich die Behörde dafür einsetzen, dass den Firmen die Arbeit derzeit nicht noch extra erschwert werde. Erst neulich hatte der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) beklagt, dass die Abmahnvereine und Anwälte dem Handel in der jetzigen Krise häufig wegen „geringfügiger Details“ zusetzen oder wegen Ereignissen, die vom Händler aktuell nicht beeinflussbar seien.