Cookie-Urteil mit weitreichenden Folgen

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Cookie-Urteil mit weitreichenden Folgen

In einem Verfahren der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen die Betreiber von advocado.de hat das Landgericht Rostock ein wegweisendes Urteil gefällt: Demzufolge sind Cookie-Banner in Deutschland überwiegend fehlerhaft und somit rechtswidrig.

Der Grund für die Klage: Die Anwaltseite advocado.de hatte ihre Homepage so eingerichtet, dass beim Aufrufen der Site ein Cookie-Banner erschien. Vier kleinere Menüpunkte gab es für Cookies der Kategorie Notwendig, Statistiken, Präferenz, und Marketing. Außerdem konnten die User „Details anzeigen“ wählen oder einen optisch betonten „OK“-Button drücken.
Diese Gestaltung beurteilte das LG Rostock als klar rechtswidrig (Urt. v. 15.09.2020 – Az.: 3 O 762/19), denn durch dieses Prozedere könne keine informierte Einwilligung eingeholt werden.

Das Gericht betonte, dass sich Verbraucher zwar Details anzeigen lassen und einzelne Cookies abwählen können. Trotzdem stellte es fest, dass der Verbraucher „regelmäßig den Aufwand…scheuen“ wird und in der Regel den Button betätigen wird, ohne sich vorab Informationen über die Details anzeigen zu lassen. Genau deshalb wisse der Verbraucher aber nicht, von welcher Tragweite seine Erklärung sei.

Google Analytics-Nutzer aufgepasst!

Das Cookie-Banner und seine Gestaltung war aber nur einer von mehreren Kritikpunkten. Das Urteil stellte nämlich auch besondere Anforderungen an die Nutzung von Google Analytics. So führte das Gericht aus, dass Google die Daten nicht nur zur Nutzung durch den Website-Betreiber verarbeite, sondern Google behalte „ausdrücklich die Verarbeitung auch zu eigenen Zwecken“ vor.
Damit schlägt sich das Gericht auf die Seite von Datenschützern, die betonen, dass die Web-Analyse von Google Analytics nicht mit dem Argument des berechtigten Interesses für Rechtens erklärt werden kann. Das nicht deshalb, weil Website-Betreiber keine Statistiken über ihre Besuche anlegen dürfen, sondern weil Google die erfassten Daten für seine Zwecke nutzt. Dieselbe Argumentation greift dann auch bei anderen Social-Plug-Ins, die Daten an werbefinanzierte, komerzielle Dienste übertragen.
Doch wie lässt sich Google Analytics künftig rechtssicher einsetzen? Sicherlich nicht mehr ohne umfangreiche Einwilligungen.

Nutzer-Identifizierung: Will der Seitenbetreiber selbst lediglich einfache Statistiken erheben und schaltet zu diesem Zweck die IP-Anonymisierung ein, so kann Google trotzdem die Besucher mittels ihres Google Identifiers erkennen. Diese Daten nutzt Google dann, um User-Profile zu erstellen. Darauf muss der Nutzer künftig hingewiesen werden, und er muss – bevor die Datenweitergaben losgeht – diesem Prozess zugestimmt haben.
Verfolgt Google mit den Daten eigene Zwecke, wie zum Beispiel die Erstellung von Nutzer-Profilen, so darf Google die Daten nicht im Rahmen eines sogenannten wirksamen Auftragsverarbeiungsvertrags verarbeiten. Deshalb muss der User nicht nur einer Profilbildung zustimmen, sondern auch damit einverstanden sein, dass seine Daten an Dritte weitergegeben werden.

Europäische Lösungen im Aufwind?

Auslands-Export: Hier wird das Eis für die Unternehmen noch dünner, denn sie können sich beispielsweise nicht mehr auf das Privacy-Shield-Abkommen berufen, wenn sie Daten in die USA weitergeben möchten. Lediglich die Standartschutzklauseln, die von der Europäischen Kommission genehmigt werden, kommen in Betracht.
Diese Situation könnte bewirken, dass europäische Web-Analyse-Lösungen künftig Auftrieb erhalten. Denn wer sich hier von US-Softwarelösungen lossagt und auf nicht-werbefinanzierte, europäische Anbieter setzt, kann fast alle der aufgezählten Problematiken umgehen.

Der Websitebetreiber profitiert bei einer solchen Vorgehensweise doppelt: Zum einen gewinnt er mehr Rechtssicherheit. Zum anderen fallen seine Statistiken aussagekräftiger aus. Denn: Mehr gezählte Besucher ergeben natürlich auch exaktere Zahlen. Umfangreiche Zustimmungen, wie sie bei Google Analytics eingeholt werden müssen, wirken dagegen kontraproduktiv. Denn schließlich setzt nur ein niedriger Prozentsatz der Website-Besucher die Gesamtheit der notwendigen Häkchen.