Willl der Staat bald smart mithören?

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Willl der Staat bald smart mithören?

Der Ärger schlug hohe Wellen: Amazons digitaler Sprachassistent soll benutzt worden sein, um User im großen Stil abzuhören. Das legt die Frage nahe, ob nicht auch deutsche Nachrichtendienste Alexa und Co zwecks Abhörung für ihre Zwecke nutzen wollen. Auf Nachfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner gab sich die Bundesregierung nun wenig auskunftsfreudig: Informationen zu diesem Thema gelten als „Verschlusssache“.

Manipulation per Gesetz?

Vor kurzem war ein Entwurf des Innenministeriums öffentlich geworden, in dem es um die Reform von Verfassungsschutz und BND ging. Demnach sollen Amazon und andere Hersteller verpflichtet werden, den entsprechenden Nachrichtendiensten technische, automatisierte Zugänge zu ihren jeweiligen Geräten einzurichten. Im ARD-Politmagazin „Kontraste“ sagte Thorsten Wetzling von der Denkfabrik Stiftung Neue Verantwortung dazu, dass mit einem solchen Gesetz das Mithören und Mitschneiden von Aufnahmen für den BND, Militärische Abschirmdienste und den Verfassungsschutz absolut möglich wären. Denn die Kamera oder das Mikrofon eines jeden Geräts, das mit dem Internet verbunden ist, könne dann entsprechend manipuliert werden.

Neue Realitäten seit Alexa und Co.

„Kontraste“ hat auch recherchiert, dass deutsche Strafverfolgungsbehörden bereits versucht haben, in den Besitz von Tonaufnahmen von Amazons Sprachassistenten Alexa zu kommen. Dabei ging es um einen Mann, über dessen Forum im Darknet Waffen verkauft wurden. Mit einer dieser Waffen wurden im Juli 2016 neun Menschen von David S. in München erschossen, anschließend tötete sich der Attentäter selbst. Der Mann hatte in seiner Wohnung ein Amazon Echo benutzt, weshalb die Ermittler einen Durchsuchungsbeschluss gegenüber Amazon durchsetzen konnten. Dieser Beschluss wurde zwar nicht vollstreckt, der Mann wurde auch ohne die Analyse der Sprachdateien zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Fall zeigt aber eindrücklich die Realitäten auf, mit denen User seit Alexa und Co. rechnen müssen. Eine offene Tatsache ist, dass nicht nur Amazon die Spracheingaben seiner User systematisch aufzeichnet, um sie später auszuwerten. Dasselbe tut auch Google – alle Sprachbefehle werden aus allen Google-Diensten gesammelt, mit einem Nutzeprodil verknüpft und abgelegt. Alles hat seine Schublade, nichts geht im Nirwana verloren. Wer das kontrollieren möchte, sollte einfach mal in seinem Google-Profil recherchieren, und zwar unter „Sprach- und Audioaktivitäten“. Ganz ähnlich verfährt Microsoft mit den gesammelten Cortana-Audiobefehlen seiner Nutzer. Microsoft weist die User sogar darauf hin, dass das Unternehmen die Sprachdaten benutzt, um Cortanas Sprachverständnis und die Bandbreite der Antworten weiter zu verbessern. Viel Potenzial, das auch die Arbeit der Bundesregierung in nicht unerheblichem Maß erleichtern könnte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.