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Mindestlohn: Negative Folgen für die digitale Wirtschaft befürchtet

Wie viel ist Arbeitskraft wert? Kaum eine Frage spaltet die Gemüter so sehr wie die nach dem Gehalt. Nach fast zehnjährigem Kampf der Gewerkschaften wurde der Mindestlohn nun im Bundesrat beschlossen. Doch was bedeutet die neue gesetzliche Regelung für die digitale Wirtschaft?

8,50 Euro für jeden. Zum 1. Januar 2015 gilt die neue Gehaltsregelung – und zwar branchen- und regionsübergreifend. Die im Grundgesetz festgelegte Tarifautonomie nach der Unternehmen ihre Gehälter ohne staatliche Eingriffe selbst festlegen dürfen, wird damit ausgehebelt. Bislang gab es bereits in 14 Branchen Mindestlöhne, Friseure oder Steinmetze erhielten mindestens 7,50 Euro pro Stunde. Neben verschiedenen Übergangsregelungen wird es zahlreiche Ausnahmen geben, ausgenommen vom Mindestlohn sind Jugendliche unter 18 Jahren, Auszubildende und Langzeitarbeitlose. Auch Praktikanten erhalten erst nach drei Monaten Anrecht auf den Monatslohn, unabhängig davon, ob es sich um freiwillige oder verpflichtende Praktika handelt. Neben Beschäftigten im Niedriglohnsektor soll die neue Regelung auch Praktikanten schützen, die in manchen Branchen als Billig-Arbeitskräfte missbraucht werden. Praktikanten sind es nun aber auch, die unter dem Mindestlohn leiden könnten. Viele Unternehmen haben bereits angekündigt, Praktikantenstellen zu streichen. Vor allem junge Start-ups sind hier betroffen, sie haben weniger Ressourcen und können sich Praktikanten nicht mehr leisten. Doch die innovationsfreudigen Unternehmen sind in der digitalen Wirtschaft besonders oft zu finden. Der BITKOM-Studie „Gründungsdynamik im ITK-Sektor“ zufolge ist die digitale Wirtschaft dynamischer und gründungsfreundlicher als andere Branchen. In den Jahren 1995 bis 2004 haben Investitionen in die Branche knapp ein Viertel zum Wachstum des europäischen BIP beigetragen.

Start-ups übernehmen wichtige Ausbildungsfunktion

In kaum einer anderen Branche steigt die Anzahl der Neubeschäftigungen so rasant wie in der digitalen Wirtschaft. In diesem Jahr gibt es etwa 600.000 Praktikanten, wie viele werden es im nächsten Jahr noch sein? Der Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) etwa fordert, den Mindestlohn erst nach 12 statt wie vorgesehen nach schon drei Monaten zu bezahlen. So bieten Unternehmen die Chance, eine Ausbildung zu beginnen. Vor allem jungen Menschen und Quereinsteigern wird so ermöglicht, sich Kenntnisse anzueignen. Traditionelle Ausbildungs- und Studiumsmöglichkeiten für Jobs in der digitalen Wirtschaft gibt es bislang kaum. Das herkömmliche Ausbildungssystem ist bisher kaum auf digitale Inhalte und Kompetenzen ausgelegt. Auch der Bundesverband Deutsche Start-ups (BVDS) spricht sich gegen den Mindestlohn aus. So bieten junge Unternehmen Praktikanten die Chance, sich vielfältige Kenntnisse und praktische Erfahrungen anzueignen, später würden sich aus Praktika oft sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse entwickeln. Unternehmen müssten weiterhin die Möglichkeit bekommen, ihre zukünftigen Mitarbeiter selbst auszubilden. Praktikanten würden mit spannenden und verantwortungsvollen Aufgaben für das niedrigere Gehalt entschädigt, so Unternehmensgründer. Mit dem Mindestlohn müssten Praktikanten zunehmend mit Festangestellten konkurrieren, nur noch herausragende Studenten würden im Auswahlverfahren berücksichtigt. Schnupperpraktika könnten ganz aussterben. Nicht nur Quereinsteiger und junge Talente würden benachteiligt, der Mindestlohn könnte außerdem sich zur Innovationsbremse für die digitale Wirtschaft entwickeln.