KI setzt die Köpfe ein - oder wieder ab

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KI setzt die Köpfe ein – oder wieder ab

Bald dürfte es in Unternehmen noch weniger um persönliche Präferenzen und Emotionen gehen: Künstliche Intelligenz (KI) soll künftig auch die Personalarbeit stark beeinflussen. Dies hat der Video-Recruiting-Anbieter Viasto ermittelt. Die Entscheider zeigen überraschend wenig Skeptizimus angesichts der Vorstellung, das bald eine Maschine die Kollegen in der Firma aussucht – oder wieder absetzen soll.

KI: Vorbereitung mangelhaft

Die Arbeitgeber sind sich überwiegend einig darin, dass Künstliche Intelligenz auch auf der Ebene der Personalentscheidungen bald eine gewichtige Rolle spielen wird. 76 Prozent der Verantwortlichen gaben an, dass KI bald einen wesentlichen Einfluss auf nahezu alle Prozesse im Arbeitsalltag haben wird. Doch die meisten Firmen fühlen sich auf diese Veränderung nicht ausreichend vorbereitet: 71 Prozent der Entscheider denken, dass sie noch nicht optimal auf die digitale Zukunft eingestellt sind. Zwei Drittel sehen die Mängel nicht allgemein, sondern beziehen sie ausschließlich auf das eigene Unternehmen.

Der Algorithmus entscheidet über das Personal

Skeptisch gegenüber Entscheidungen, die die künstliche Intelligenz auf Personalebene treffen soll, ist weniger als die Hälfte der Befragten. 57 Prozent der Arbeitgeber gaben an, dass sie keine Bedenken haben, was den Einsatz von Maschinen bei solchen Prozessen betrifft. Auch die Angst oder Befürchtungen seitens der Bewerber vor einem KI-basierten Personalentscheider stuften die Arbeitgeber als gering ein: Es werde die Kandidaten kaum abschrecken, wenn sie vor einer Maschine statt vor einem realen Menschen vorsprechen, sagen 84 Prozent.

Diese Einschätzung wird auch von einer Viasto-Umfrage unter Bewerbern (Oktober 2018) bestätigt: Zwei Drittel der befragten Kandidaten befürworteten den Einsatz der Algorithmen im Bewerbungsablauf. Der öffentliche Dialog zum Thema KI werde zunehmend sachorientiert geführt, immer seltener emotional. Es gebe zwar noch reichlich Aufklärungsbedarf, aber kaum Berührungsängste beim Thema KI, betont Prof. Dr. Inga Mertin von der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln, die bei der Erstellung der Viasto-Studie als Kooperationspartnerin mitgewirkt hat.

80 Prozent der Bewerber sind sich sicher, dass künstliche Intelligenz künftig bedeutsam im Bewerbungsprozess sein wird. Sie fühlen sich aber, ebenso wie die Arbeitgeber, auf diese Zukunftsaussicht schlecht vorbereitet. „Viele Kandidaten sind schlecht informiert über das Thema KI, das haben wir schon im Rahmen unserer Bewerberumfrage gesehen“, so Sara Lindemann von Viasto. „Aufklärung ist also gefragt, auch in den Personalabteilungen.“ Über die Chancen aber auch die Risiken von KI müsse in Zukunft deutlich mehr Information in die Unternehmen hineingetragen werden.

Bewerbungen: Wird Empathie noch gewertet?

Offen sind die Details: Wie wird eine Maschine wahrnehmen, ob ein Bewerber beim Gespräch gut gekleidet ist, ein freundliches Auftreten hat und sympathisch daher kommt? Sind auch solche Finessen bereits mittels einer Gesichtserkennung zu ermitteln? Für Laien ist es sicher schwierig, sich mit der Tatsache anzufreunden, dass eine Maschine künftig zunehmend Entscheidungen über reale Menschen treffen wird. Wird es möglich sein, dieser Maschine Empathie vorzugaukeln? Oder wird Empathie überhaupt keine Rolle mehr spielen? Auf welcher Basis wird ein Bewerber abgelehnt werden – einzig auf der Grundlage von mangelndem Fachwissen? Wir bleiben gespannt – aber keinesfalls frei von Bedenken.