Digitalisierung: Unternehmen fehlt der rote Faden

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Digitalisierung: Unternehmen fehlt der rote Faden

Beim Thema Digitalisierung zeigen sich die Unternehmen in Deutschland teilweise selbstkritisch: 32 Prozent der Firmen gestehen ein, dass sie bei der Digitalisierung rückständig sind. Laut der Studie ‚Potenzialanalyse Reality Check Digitalisierung‘, die Sopra Steria gemeinsam mit dem F. A. Z.-Institut erstellt hat, haben vor allem die Finanzdienstleister Nachholbedarf.

Im internationalen Digitalisierungswettbewerb sehen sich Manager in Deutschland in diversen Bereichen im Hintertreffen. So räumen 35 Prozent der befragten Unternehmen ein, dass sie bislang keine guten Strategien haben, um Prozesse, Geschäft und Organisation digitalisieren zu können. Demnach seien Projekte oft schlecht miteinander vernetzt, vielen fehle die solide Basis und deshalb nütze die Vielfalt der diversen Vorhaben den Unternehmen wenig. Es fehle „der rote Faden“ für die Digitalisierung oder aber er werde nicht konsequent durchgehalten, betont Frédéric Munch von Sopra Steria.

Nach der Einführung einer Standartsoftware seien zudem 61 Prozent der Firmen mit dem digitalen Umbruch nicht weitergekommen. Unternehmensübergreifende Arbeits- und Führungsmethoden und die Verlagerung von IT-Infrastruktur in eine Cloud-Computing-Umgebung stecke bei den meisten Firmen ebenfalls noch in den Kinderschuhen.

Zu viele Baustellen erschweren es den Unternehmen, das digitale Geschäft als Kerngeschäft zu betrachten. Für ein Viertel der Befragten ist das Vorantreiben digitaler Umsatzmöglichkeiten aktuell kein Thema. Viel Zeit werde derzeit darin investiert, dem kulturellen Umbruch gerecht zu werden und ein neues Denken bei den eigenen Mitarbeitern zu fördern.

Banken unter Digitalisierungsdruck

Finanzdienstleister räumen an erster Stelle ein, digital rückständig zu sein. So sehen 41 Prozent die eigene Firma als Nachzügler, nur neun Prozent schätzen sich selbst als Vorreiter beim Thema Digitalisierung ein. Dabei sind zahlreiche Finanzdienstleister in vereinzelten Maßnahmen deutlich weiter als Firmen anderer Branchen. 75 Prozent der Banken und Versicherer bieten bislang digitale Services an oder entwickeln welche. Fast jeder zweite Finanzdienstleister tüftelt an digitalen Geschäftsmodellen. Robert Bölke von Sopra Steria Next betont, dass Finanzdienstleister unter einem starken „Digitalisierungsdruck“ stehen. Längst sei eine digitale Arbeitsweise kein Bonus mehr, mit dem sich ein Unternehmen von einem anderen abhebt – im Gegenteil: Digitalisierte Arbeitsmodelle werden vorausgesetzt.

Energieversorger oder die öffentliche Verwaltung sehen sich laut eigener Einschätzung weniger im digitalen Hintertreffen. 41 Prozent der befragten Manager in diesen Branchen stufen sich im internationalen Vergleich als fortschrittlich ein. Trotzdem kann im Behördensektor von einer großflächigen Digitalisierung nicht die Rede sein. Am Fortschrittlichsten stuft sich die verarbeitende Industrie ein: Hier schätzt sich jeder zweite Entscheider als digital gleichwertig im internationalen Vergleich ein. Jeder 5. Manager bezeichnet das eigene Unternehmen gar als „Vorreiter“ in diesem Bereich.

Nicht zuletzt haben die Unterschiede in der Selbstwahrnehmung strukturelle Gründe. Banken und Versicherungen, aber auch die öffentliche Verwaltung sind zumeist auf externe Unterstützung angewiesen, mehr als der Energiesektor oder der Maschinenbau. Die Gründe dafür liegen teilweise in der Belegschaft. In der Finanzwirtschaft arbeiten zum großen Teil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit betriebswirtschaftlichem oder juristischem Hintergrund. In der Verwaltung liegt die Sache ähnlich.

Digitalisierungseffekte nach Corona?

Als Katalysator für die Digitalisierung in der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung gilt die Corona-Pandemie. 30 Prozent der befragten Manager sehen hier positive Effekte: Sie sprechen von einem dauerhaften Digitalisierungsschub durch Covid 19. Knapp 50 Prozent der Befragten bemängeln dagegen, die Pandemie habe den Unternehmen nicht mehr Digitalisierung gebracht als eine Zunahme von Home-Office und Videokonferenzen.